Marcus


Program Manager

„Ich bin nur um mich selbst gekreist.“

Andrea: Wie ist denn deine aktuelle Lebenssituation? 

Marcus: Ich bin Single seit fünf Jahren oder seit zwei Monaten. (lacht) Also die vor fünf Jahren war eine sehr lange Beziehung und danach gab es immer wieder Versuche, eine Beziehung zu führen, aber das hat nie lange gehalten. Maximal immer ein paar Monate.

Andrea: Du hast Kinder, hast du mir im Vorfeld erzählt. Sind die aus der Beziehung von vor fünf Jahren?

Marcus: Nein, sogar noch eher. Ich bin sehr jung Vater geworden und zwar als ich damals Zivildienst  nach dem Abitur gemacht habe und zwar schon mit 20. Meine Tochter wird 19, die studiert auch schon, mein Sohn, der wird 15. Aber von der Frau bin ich mittlerweile neun Jahre getrennt. Die wohnen aber in Saarland.

Andrea: Was suchst du denn für eine Frau?

Marcus: Ich suche schon, aber nicht so verbissen. Ich habe da keinen Zeitdruck. Ich meine, ich habe Kinder und war schon verheiratet. Also so ein paar grundlegende Sachen habe ich einfach auch schon hinter mir. Aber ja, bei mir ist ganz klar das Bedürfnis, da jemanden zu haben. Ich habe da auch relativ klare Vorstellungen, die glaube ich auch mit dem Alter kommen. Ich möchte keine Frau, die einen Ernährer sucht. Dieses klassische Konstrukt – er verdient die Kohle und sie gibt sie aus – das suche ich nicht. Ich möchte jemanden haben, dem ich auf Augenhöhe begegnen kann und der auch sein Leben finanzieren kann.

Andrea: Ist das so ungewöhnlich eine Frau zu finden, die sich selber finanziert?

 

Marcus: Ich habe beides kennengelernt. Ich wohne schließlich in der Single Hauptstadt. Es gibt die taffe Businessfrau, die sich überhaupt nicht vorstellen kann, abhängig vom Mann zu sein. Geschweige denn Freundschaften und Bekannte aufzugeben für eine neue Beziehung. Und es gibt genau das Gegenstück. Und da habe ich nicht nur Eine kennengelernt, die sich auf den Rücken geworfen hat, damit sie dich zum Vater von fünf Kindern macht.

Andrea: Da bist du ja im besten Alter, um genau die Zielgruppe abzugrasen oder?

Marcus: Ja leider ist das gar nicht lustig. Wenn du jetzt jemanden kennenlernst, der Anfang 30 ist, dann ist dann ganz schnell ein ernstes Thema. Frauen haben da leider den Nachteil, dass sich deren Zeitfenster schnell schließt und das wird dann auch ganz früh und ganz schnell thematisiert. Das habe ich schon oft erlebt.

Andrea: Also noch ein Kind kommt nicht mehr in Frage?

Marcus: Ich hatte das ja schon. Ich weiß, wie anstrengend es ist, kleine Kinder zu haben. Ich weiß, wie entspannt es ist, große Kinder zu haben. Ob ich das noch mal will? Schwierig. Aber so offen und romantisch bin ich natürlich auch. Bei der richtigen Frau: warum nicht. Es ist auch was Tolles, sich ganz bewusst für ein Kind zu entscheiden.

Andrea: Und wie soll sie aussehen? Hast du da auch klare Vorstellungen?

Marcus: Ich bin jemand der gern Sport macht und gerne isst. Ich tanze gern und liebe Musik. Es muss jemand sein, der etwas Lebendiges ausstrahlt. Ob das ein Funkeln in den Augen oder ein durchtrainierter Körper ist – das kann ich wirklich nicht sagen. Es sollte keine künstliche Frau sein. Jemand, wo man den Charakter meint zu sehen. Jemand, der mich intellektuell nicht fordert und zum Beispiel nicht liest, da wird es ganz schwierig. Ich meine, ich interessiere mich für Politik, Geschichte und Architektur. Es reicht nicht, wenn jemand nur hübsch ist. Oder jemand, der unterschwellig irgendwelche Rassismen mit sich herumträgt – hatte ich auch kürzlich.

Andrea: Erzähl!

Marcus: Gut aussehende Frau aus guter Familie. Vater Manager, sie selber Medizinerin. Ich dachte, ich fall vom Hocker als da die Sprüche kamen und ich war regelrecht schockiert. Oder ich habe mal eine Mutter gedatet. Ganz schwierig. Wir haben es sehr lange versucht, uns da Zeit zu nehmen und zu suchen, aber es war einfach nicht möglich. Man konnte nie einen normalen Alltag leben. Ich habe da wirklich schon viel abgeackert. Inklusive Singlebörsen und bin auch von Freunden vermittelt worden. Im Job, unterwegs auf Reisen – eigentlich fast überall. Ich bin schon jemand, mit dem man leicht ins Gespräch kommt.

Andrea: Was hast du denn für Macken?

Marcus: Klar, meine Anspruchshaltung. Jemand, der dazu neigt, hat natürlich einen großen Hang zum Perfektionismus. So wie ich bin, ist ja richtig. Und der andere muss dann ja auch dazu passen. Und da die Größe zu haben, von seinen Vorstellung abzurücken und sich selbst in Frage zu stellen, ist nicht ganz so einfach. Ich muss mich einfach nur verlieben, glaube ich.

Andrea: Und in einem Jahr, wo siehst du dich da?

 Marcus: So platt das klingt: es wäre schon schön, jemanden getroffen zu haben, in den man sich verliebt hat, wo das Katalogabhacken nicht mehr so eine Rolle spielt. Was auch schon wäre: in einer Geistesverfassung zu sein, dass man gar niemanden braucht. Also Gelassenheit ausstrahlt und trotzdem offen bleibt.

EIN JAHR später

Andrea: Bist du denn noch Single?

Marcus: Ja, bin ich. Tatsächlich noch. Ich habe aber auch zwischendurch zwei drei Frauen kennengelernt, mit denen ich mir das durchaus hätte vorstellen können. Woraus aber nichts geworden ist. Ich muss aber auch dazu sagen, dass ich das „Frauen – Kennenlernen“ aufgrund meiner beruflichen Situation ziemlich runter gefahren habe.

Andrea: Sprich, deine Arbeit hat dein Frauensuche überschattet?

Marcus: Ja, das frisst einfach mentale Ressourcen, wenn du dich die ganze Zeit nur damit beschäftigst, was dich an deinem Job nervt und wie du rauskommst. Danach bist du maximal noch in der Lage, dich auf Freunde einzulassen, die ohnehin wissen, wie du tickst. Da habe ich auch versucht, konsequent Freundschaften zu pflegen und habe Dinge getan, die mir gut tun.

Andrea: Wo hast du denn die drei Frauen kennengelernt?

Marcus: (lacht) Eine klassisch übers Internet, die andere ganz normal im Café.

Andrea: Du hast sie angesprochen?

Marcus: Wir sind halt ins Gespräch gekommen und haben dann festgestellt, dass wir viele gleiche Themen haben.

Andrea: Also das ist ja für das heutige mediale Leben ungewöhnlich. Also wenn zwei in einem Café allein sitzen, dann doch mit Handy in der Hand oder?

Marcus: Du wirst lachen. Genau das habe ich mir im letzten Jahr versucht, abzutrainieren. Oft lasse ich das Handy hier, wenn ich raus gehe. Ich nehme dann lieber ein Buch mit.

Andrea: Und die Dritte?

Marcus: Über Freunde tatsächlich. Nicht verkuppelt, sondern nur kennengelernt. Aber keins ging über drei Dates hinaus. Aber irgendwie auch von mir gesteuert. Ich war irgendwie nicht in der Lage dazu und wollte mich wohl auch nicht drauf einlassen. Ich wusste ja auch nicht, wo es mich hintreibt. Ich wäre auch bereit gewesen, aus München wegzugehen.

Andrea: Ist es nicht so, dass wenn man sich beim ersten Treffen richtig verknallt, alle Bedenken plötzlich weg sind? Nach dem Motto: Scheiß drauf.

 

Marcus: Ja, vielleicht schon. Aber entweder hat‘s dann wirklich nicht gepasst oder mein Kopf hat da wirklich zu stark mit reingepfuscht, der dann immer gesagt hat: nein, nein, nein. Nein ehrlich, ich bin nur um mich selbst gekreist und habe mich immer wieder gefragt: Wie kann ich diese Jobsituation ändern. Ich musste da raus.

Andrea: Und hast du es geschafft?

Marcus: Ja, hab ich. Seit einem halben Jahr hab ich intensiv gesucht und gestern unterschrieben. Werde dann auch viel unterwegs sein.

Andrea: Dann wird’s ja auch schwierig, eine Frau kennenzulernen oder du rufst eine der drei Damen noch mal an. Jetzt bist du ja frei im Kopf.

Marcus: Haha. Selbst in so einem Job, mit einem recht fordernden Umfeld kann man ja irgendwann planen, hoffe ich.

Andrea: Oder klassisch: die Hotelbar.

Marcus: Aber wie sagt man so schön: Wen lernt man nachts an Hotelbars kennen? Menschen, die nachts an Hotelbars rumhängen. (lacht) Ob es das ist, was ich will?

Andrea: Aber du willst noch eine feste Beziehung oder?

Marcus: Ja absolut, ich hab das wieder gemerkt. Ich war kürzlich mit einer Freundin auf Kuba unterwegs und habe da gemerkt wie schön das ist, mit einem Menschen Zeit zu verbringen. Wir kennen uns schon länger. Es ist toll, mit jemanden zu reden und jeden Quatsch zu teilen. Das ist das, was mir auch am meisten fehlt. Emotionales grundiertes Feedback von einem anderen Menschen. Das Teilen miteinander.

Andrea: Ja, ich glaube, man kann sich dann über die Jahre ganz schön zurückziehen und es auch verlernen, richtig zu kommunizieren oder?

Marcus: Ja, man verwahrlost so ein bisschen.  Aber deshalb sind mir Freundschaften auch so wichtig. Das habe ich mir beibehalten und auch gezielt gelebt. Wenn‘s auch nur kurz auf einen Kaffee war.

Andrea: Hat sich denn dein Frauenbild geändert in dem Jahr?

Marcus: Ja, es hat sich sogar noch verschärft. Ich habe gemerkt, wie wichtig mir gewisse charakterliche Wesenszüge sind. Es sollte jemand sein, der weltoffen und reflektiert zugleich ist. Der auch bereit ist, sich auf Dinge einzulassen, neue Sachen auszuprobieren. Der nicht so in festgefügten Gebilden lebt. Also nichts gegen eine Alltagsroutine, die muss ja auch gelebt werden.

Andrea: Also wärst du jetzt quasi in Startposition für die Frauen?

Marcus: Ja, aber ich werde sicherlich nicht auf die Jagd gehen. Eigentlich müssten wir uns in einem Jahr nochmal treffen.

Andrea: Ich bin gespannt, wen du mit zu der Ausstellung bringst. Bis dahin vergeht ja noch ein bisschen Zeit.