Ryan


Kundenberater

„Einige, wie mein Onkel, sind gegangen.“

Andrea: Wie ist deine aktuelle Situation?Du bist Transmann?

Ryan: Ja bin ich und seit Oktober Single. Die letzte Beziehung war knapp eineinhalb Jahre lang und die davor waren alles mit heterosexuellen Frauen. Und für mich ist es seit einem Jahr schwerer geworden eine Beziehung einzugehen, weil ich mir denke, dass ich erstmal mit mir ins Reine muss. Ich hätte die letzten Monate die Möglichkeit und Angebote gehabt, aber ich will grad nichts Ernstes bzw. jetzt noch nicht.

Andrea: Du stehst ja gerade vor den größten OPs, glaubst du, dass du dich noch sehr verändern wirst?

 Ryan: Allein schon durch die letzten zwei Jahre habe ich mich sehr geändert. Ich bin ernster und erwachsener geworden. Und ich denke in der Tat, dass ich mich weiter verändern werde nach den OPs und es vielleicht gar nicht mehr zu der Freundin passt, die ich dann gerade hätte. Ich höre von ganz vielen Transmännern, die sich dann trennen während der Umwandlung. Ich glaube nicht, dass es am Testosteron liegt, sondern eher der Tatsache geschuldet ist, dass man sich selber besser kennenlernt und endlich sein kann, der man ist oder wie man es sich immer gewünscht hat. Man selber kommt dann eigentlich erst

richtig zum Vorschein und du bist nicht mehr der, den du vorgegeben hast zu sein.

Andrea: Du warst ja lesbisch, dann jetzt hetero. Was suchst du für eine Frau?

 Ryan: Ich  hatte bisher nur eine Beziehung mit einer lesbischen Frau. Und das war kurz vor meiner Umwandlung und die Beziehung war dann schnell zu ende. Die anderen waren alle hetero und haben es teilweise gar nicht gecheckt, dass ich eine Frau bin. Für mich war lesbisch sein irgendwie die falsche Bezeichnung. Meine zukünftige Frau solle auf jeden Fall was im Kopf haben und wissen, was sie will. Sportlich wäre super und gern ab und zu mal feiern gehen. Eifersüchtig sollte sie nicht sein, das war ich früher selbst total oft, weil ich auf die anderen Männer eifersüchtig war, weil ich selbst einer sein wollte. Aber das wird mit jedem Monat wird das weniger.

Andrea: Ist es schwer Frauen zu finden, die dich so akzeptieren?

 Ryan: Es klingt echt komisch, aber es ist meistens ein Pluspunkt. Ich weiß nicht, vielleicht denken sie, ah der weiß wie ich mich fühle und auch im Bett weiß er Bescheid. Ich verheimliche das auch nicht, dass ich ein Transmann bin und die meisten finden das interessant. Transfrauen haben es da viel schwerer. Die haben es vielleicht bei den OPs leichter, aber bei den Hormonen haben Transmänner die besseren Chancen.

Andrea: Wie ergeht es dir aktuell mit deinen OPs?

 Ryan: Insgesamt sind es ja elf Operationen. Früher fiel es mir echt schwer, aber es wird besser von Jahr zu Jahr und kann mein Leben langsam richtig anfangen zu genießen. Meine Mutter hat nicht gedacht, dass ich das wirklich durchziehe, aber als ich mit dem Testosteron angefangen habe, hat sie mich voll unterstützt. Meine Oma hat gesagt, kannst du nicht einfach lesbisch sein, aber mittlerweile sagt sie auch Ryan zu mir.

EIN JAHR später

Interview Ryan und Vanessa

Andrea: Ich nehme mal an, wenn du diese Dame hier mitgebracht hast, ist das deine neue Freundin?

 Ryan: Ja, wir sind schon seit Oktober zusammen.

Andrea: Oh, dann war das ja kurz nachdem wir im vergangenen Jahr gesprochen haben oder?

 Ryan: Jein, ich kannte sie schon länger und fand sie schon länger toll und hab mich in sie verliebt gehabt, aber von ihrer Seite war da noch nichts. Ich war dann im Krankenhaus und ein paar Monate später hats dann auch bei ihr gefunkt. Genau ab dem Zeitpunkt, an dem es mir dann mittlerweile egal war.

Andrea: Schön. Erzähl mal von deinen OPs. Bist du da jetzt fertig.

Ryan: Ich hatte jetzt kürzlich die größte von den ganzen OPs, deshalb ist ja auch mein Arm verbunden. Dann habe ich noch in den nächsten zwei Jahren noch zwei Operationen, also so Schönheitssachen, und dann bin ich fertig.

Andrea: Blöde Frage, aber funktioniert alles und bist du jetzt happy?

 Ryan: Ja bin ich und ja, es funktioniert alles. Im Krankenhaus hatte ich  nur so eine kleine depressive Phase. Also nicht, dass ich es bereue, sondern eher, dass man diesen Weg überhaupt gehen muss. Vier Jahre hat alles von Anfang an gedauert. Vier Jahre, die irgendwie weg sind. Womit hab ich das verdient, weil der Weg war echt hart und sehr lang. Aber am Ende hab ich viel gelernt.

Andrea: Was hat dir da am meisten geholfen?

 Ryan: Freunde und Familie. Einige, wie mein Onkel, sind gegangen, aber die die geblieben sind und an meiner Seite standen haben mir echt geholfen.

Andrea: Vanessa, ist das komisch für dich, dass Ryan vorher eine Frau war?

 

Vanessa: Also ich habe ihn ja als Ryan kennengelernt, dass er vorher ne Frau war war nie ein Thema für mich. Ich fands eher interessant. Wäre selber gern bei den Operationen dabei gewesen.

Ryan: Also ich denke, was uns unterscheidet ist, dass wir offener sind. Ihr Bruder ist schwul, ich bin Trans – wir sind da einfach offener allem gegenüber. Für uns sind alles gleich.

Andrea: Was sind eure Pläne?

Ryan: Wir denken schon manchmal über Familie nach. Aber stressen tun wir uns da nicht.

Andrea: Aber ist schade, dass du dann keine Kinder zeugen kannst. Trauerst du da manchmal?

 Ryan: Ja schon. Ich hatte mal überlegt, Eizellen einfrieren zu lassen. Damals wars mir zu teuer, was echt ein doofer Grund war. Jetzt bedauere ich das, aber auf der anderen Seite denke ich mir, es gibt genügend Kinder ohne Eltern. Vater ist ja nicht immer gleich der biologische Erzeuger.

Vanessa: Also es ist kein Thema für mich, dass er nicht der biologische Vater ist, er wird auch so ein toller Vater sein.